Lernkurve

Die Lernkurve beschreibt, wie Menschen lernen. Zu Beginn eines Lernzyklus wissen Menschen nicht, was sie nicht wissen. Sie befinden sich in der Phase der unbewussten Inkompetenz. Wirkliches Lernen passiert dann, wenn Menschen sich bewusst werden, dass sie etwas nicht beherrschen also in eine Phase der bewussten Inkompetenz eintreten. Diese Art zu Lernen setzt eine aktive, reflexive Auseinandersetzung mit konkreten Erlebnissen voraus.
Problematische Situationen, deren Bewältigung eine Herausforderung darstellt, sind der Ursprung von Lernprozessen. Anders ausgedrückt: es gibt kein Lernen ohne Spannungen! Allerdings mögen wir solche Situationen nicht. Wenn etwas eintrifft, dass wir nicht verstehen, fühlen wir uns unsicher. Unser erster Reflex ist es dann, wissen und verstehen zu wollen. Auf die Führung übertragen heisst das: wir konsultieren Experten und verlassen uns als Zahlen als Orientierungsgeber.
Das beruhigt – und bringt uns vermeintlich in einen Zustand der bewussten Kompetenz. Allerdings führt dieser Reflex in die Irre, denn wir sind nun wieder am Anfang des Prozesses angelangt: wir wissen nicht, was wir nicht wissen. So ist Lernen nicht möglich. Wir müssen es aushalten, dass wir bewusst inkompetent sind. Nur dann haben wir den Raum, um darüber nachzudenken, warum solche und ähnliche Problemsituationen im Alltag immer wieder auftauchen.
Wenn wir uns auf diese Meta-Ebene begeben, erfahren wir neue Lösungsräume. Das führt zu lehrreichen Erkenntnissen und zu einer Erweiterung des Verhaltensspektrums einer Person oder eines Teams für die Zukunft. Die Qualität der Resultate eines Systems basiert stets auf der Qualität der Menschen, die dieses System bilden.
Aus der bewussten Auseinandersetzung mit Spannungen und der Erfahrung, dass deren Auflösung zu einer bereichernden Erfahrung wird, treten Menschen in die unbewusste Kompetenz ein: man hat zwar nicht wirklich Ahnung davon, was passiert ist, aber es funktioniert! Zu Beginn ist das neue Handeln noch nicht instinktiv, noch nicht als Routine in uns verankert.
Im Zeitverlauf jedoch erweisen sich die neuen Sichtweisen als nützlich und wir bauen das Erlernte selbstverständlich in unser Leben ein. Wir gelangen in die Phase der bewussten Kompetenz, aber anders als auf dem direkten Wissensweg: die neuen Erfahrungen erweitern unseren Verhaltensspielraum.
Dadurch erschliessen sich neue Ressourcen. Die Selbstsicherheit wächst, man blickt mit mehr Zuversicht und positiven Erwartungen in die Zukunft und erlebt sich selbst als handlungsfähiger. Und dies alles nur, weil wir Führungskräfte unserem Drang, wissen zu wollen, widerstanden haben.
Umsetzung in der Praxis
Wenn Du etwas verändern möchtest, nutze die Lernkurve, um das Team darauf vorzubereiten. Nachdem Du vorgestellt hast, worum es geht, zeichne für Dein Team die Kurve auf, erklären sie und frag dann in die Runde:
– Wo sie sich aktuell befinden und
– Woran sie das erkennen weswegen.
In einem nächsten Schritt fragst Du dann:
– Was braucht es, um einen Schritt weiterzugelangen?
– Wer könnte Dich dabei unterstützen?
Mit dieser Diskussion entsteht in der Regel eine positive Teamdynamik, bei der man aus Fehlern lernen und gemeinsam wachsen kann.
Die Lernkurve ist generell eines der stärksten Bilder, um Transformation zu machen und in die Tiefe zu gehen. Sie kann auch in Kombination mit der Immunity to change genutzt werden.